4 Rahmenbedingungen für die Arbeitnehmerüberlassung in der öffentlichen Verwaltung

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Will ein kommunaler bzw. öffentlicher Arbeitgeber vorübergehende Personalengpässe überbrücken, so hat er die Möglichkeit, externes Personal in der öffentlichen Verwaltung einzustellen, wenn die Voraussetzungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, kurz AÜG, erfüllt sind. Die Überlassung von Arbeitnehmer*innen – auch als Zeitarbeit, Leiharbeit oder Personal-Leasing bezeichnet – ist durch ein Dreipersonenverhältnis zwischen Verleiher (Personaldienstleister, Zeitarbeitsunternehmen), Entleiher (Einrichtung des öffentlichen Dienstes bzw. kommunales Entleihunternehmen) und dem Personal auf Zeit gekennzeichnet.

Das Personal auf Zeit wird der Entleihinstitution für eine begrenzte Dauer zur Erbringung von Arbeitsleistung überlassen. Der Verleiher ist Arbeitgeber des*der Leiharbeiter*in, zwischen beiden besteht ein Arbeitsvertrag. Entleiher und Verleiher schließen einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag ab, in dem die Konditionen des Einsatzes geregelt sind. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz enthält arbeitsrechtliche Regelungen zur Überlassung und dient u. a. dem sozialen Schutz der Leiharbeitnehmer*innen sowie arbeitspolitischen Zwecken.

Zum 1. April 2017 ist das reformierte Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG-Reform) in Kraft getreten. Es beinhaltet u. a. Regelungen zur Überlassungshöchstdauer, zu Equal Pay und Equal Treatment, zum Verbot von Kettenüberlassungen, zur verdeckten Arbeitnehmerüberlassung und zu Kennzeichnungs-, Konkretisierungs- und Informationspflichten. Mit der Reform soll nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) der Missbrauch von Werkverträgen verhindert werden.

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Erlaubnispflicht

§1 AÜG regelt notwendige Voraussetzungen der Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit:

    • Verleiher benötigen eine behördliche Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis.
    • Eine Überlassung liegt vor, wenn das Personal auf Zeit in die Arbeitsorganisation des Entleihunternehmens eingegliedert ist und den Weisungen des Entleihers unterliegt.
    • Zwischen Verleiher und dem Personal auf Zeit muss ein Arbeitsverhältnis bestehen.
    • Für die Überlassung ist eine Überlassungshöchstdauer einzuhalten.
    • Verleiher und Entleiher müssen die Überlassung im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag als solche bezeichnen und das Personal auf Zeit muss in seiner Person (namentlich) konkretisiert werden.

Die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis ist laut § 2 Abs. 1 AÜG schriftlich zu beantragen. Hierfür stellt die Bundesagentur für Arbeit einen Vordruck (AÜG 2a) zur Verfügung. Für die ersten drei Jahre wird die Erlaubnis auf ein Jahr befristet (§ 2 Abs. 4 AÜG). Spätestens drei Monate vor Ablauf des Jahres ist ein Verlängerungsantrag zu stellen. Hat der*die Erlaubnisinhaber*in seine Verleihtätigkeit für drei aufeinanderfolgende Jahre ausgeübt, kann eine unbefristete Erlaubnis erteilt werden. Eine Versagung der Erlaubnis ist möglich, wenn z. B. Zweifel an der Zuverlässigkeit des*der Antragsteller*in bestehen.Erlaubnispflicht

Die Erlaubniserteilung kann außerdem mit Nebenbestimmungen wie Auflagen oder einem Widerrufsvorbehalt versehen sein. Ein Widerruf aus den in § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 geregelten Gründen kann dazu führen, dass die Verleiherlaubnis unwirksam wird. Aus bestimmten Gründen – z. B. wenn der Verleiher falsche Angaben gemacht hat – ist nach § 4 eine Rücknahme der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis möglich. Eine Erlaubnis erlischt, wenn ihre Frist abgelaufen ist, der*die Erlaubnisinhaber*in die Erlaubnis 3 Jahre lang nicht genutzt hat oder in einer schriftlichen Erklärung auf sie verzichtet.

Überlässt ein Verleiher dem Personal auf Zeit ohne Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis, wird dies untersagt und das weitere Überlassen verhindert (§ 6 AÜG). Verträge zwischen Verleiher und Entleiher sowie zwischen Verleiher und dem Personal auf Zeit werden bei fehlender Erlaubnis unwirksam (§ 9 AÜG) – das Personal auf Zeit kann jedoch nach § 9 AÜG Abs. 1 Nr. 1 an dem Verleiher festhalten. § 10 Abs. 1 sieht vor, dass durch einen unwirksamen Vertrag zwischen Verleiher und Personal auf Zeit ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Personal auf Zeit als zustande gekommen gilt.

Konkretisierungs-, Kennzeichnungs- und Informationspflicht

Die Arbeitnehmerüberlassung muss im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nach § 1 Abs. 1 AÜG ausdrücklich als solche bezeichnet werden (Kennzeichnungspflicht). Das Personal auf Zeit ist im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zu konkretisieren (namentlich, ggf. Geburtsdatum). Die Informationspflicht (§ 11 Absatz 2) sieht vor, dass das Personal auf Zeit vor der Überlassung von seinem Arbeitgeber, sprich dem Verleiher, über den Einsatz als Zeitarbeitskraft informiert wird. Ein Verstoß gegen die Informationspflicht kann mit Bußgeldern bis zu 1.000 Euro sanktioniert werden. Ein Verstoß gegen die Kennzeichnungs- und Konkretisierungspflicht kann mit einem Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses zum Entleiher sowie mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro geahndet werden.

InformationspflichtDas Personal auf Zeit hat die Möglichkeit, mit einer Festhaltenserklärung am Arbeitsverhältnis mit dem Zeitarbeitsunternehmen festzuhalten: Die Erklärung hat schriftlich und innerhalb eines Monats bei der Bundesagentur für Arbeit zu erfolgen. Spätestens am 3. Tag nach der Abgabe bei der Bundesagentur für Arbeit ist die Erklärung mit Stempel/Unterschrift an das Zeitarbeits- oder Kundenunternehmen abzugeben.

Höchstüberlassungsdauer

§1 Abs. 1b AÜG regelt, dass das Personal auf Zeit nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate an denselben Entleiher überlassen werden darf. Die Regelung ist arbeitnehmerbezogen, das bedeutet: 

Projektteam

Auch Voreinsatzzeiten durch einen anderen Personaldienstleister werden angerechnet, wenn der Einsatz nicht für mehr als drei Monate unterbrochen wurde. Nur wenn der Kundeneinsatz für länger als drei Monate (Faustformel: 3 Monate + 1 Tag) unterbrochen wurde, beginnt die Frist für die Höchstüberlassungsdauer wieder bei null. Anzurechnen sind die tatsächlichen Einsatzzeiten, Krankheit, Urlaub und Feiertage während der Überlassung, Wochenenden und Freischichten sowie freie Tage bei Teilzeitarbeitskräften.

Eine Überschreitung der Überlassungshöchstdauer kann mit erlaubnisrechtlichen Konsequenzen wie dem Entzug der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis und Bußgeldern verbunden sein. Das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und externes Personal wird nach § 9 Abs. 1 Nr. 1b unwirksam und zwischen Entleiher und Arbeitnehmer*in wird ein Arbeitsverhältnis fingiert. Das Personal auf Zeit hat die Möglichkeit, mit einer Festhaltenserklärung am Arbeitsvertrag mit dem Zeitarbeitsunternehmen festzuhalten. 

Equal Pay und Equal Treatment

Mit dem Grundsatz der Gleichstellung in § 8 AÜG hat der Verleiher dem Personal auf Zeit für den Zeitraum der Überlassung die wesentlichen Arbeitsbedingungen zu gewähren, die für einen vergleichbaren Stammbeschäftigten gelten. Zu den Arbeitsbedingungen zählen zum Beispiel Arbeitsentgelt und Arbeitszeit inkl. Überstunden, Pausen- und Ruhezeiten, Nachtarbeit sowie arbeitsfreie Tage. Außerdem hat das externe Personal einen Anspruch auf Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen, die vergleichbare Stammmitarbeiter*innen nutzen, z. B. die Kantine, Pausen- und Raucherräume (§ 13b AÜG).

Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, wenn die festgesetzten Mindeststundenentgelte nicht unterschritten werden (§ 8 Abs.2 AÜG). Der Verleiher muss dem Personal auf Zeit in dem Fall die nach Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen gewähren. Eine abweichende tarifliche Regelung ist nicht für externes Personal möglich, das in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung beim Entleiher oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern bildet, beschäftigt war (Drehtürregelung).

Die Equal-Pay-Regelung sieht vor, dass das Personal auf Zeit nach 9 Monaten ununterbrochenem Einsatz im Entleihunternehmen ein gleichwertiges Arbeitsentgelt erhalten wie vergleichbare Stammbeschäftigte. Auch hier gilt der Arbeitnehmerbezug: Eventuelle Voreinsatzzeiten sind zu berücksichtigen. Als unterbrochen gilt ein Einsatz, wenn das Personal auf Zeit für einen Zeitraum von über 3 Monaten nicht mehr beim Entleiher im Einsatz war. Angerechnet werden Überlassungszeiten nach Inkrafttreten des reformierten Gesetzes am 1. April 2017.

Equal Pay

Unter Equal Pay fallen z. B. Entgeltfortzahlungen, Sonderzahlungen, Zuschläge, Zulagen, vermögenswirksame Leistungen und Sachbezüge. Bei Sachbezügen kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen. Eine Schlechterstellung vom Personal auf Zeit durch Equal Pay ist gemäß Besitzstandswahrung nicht zulässig.

Abweichungen von der 9-Monate-Regel sind möglich, wenn ein Branchenzuschlagstarifvertrag Anwendung findet: Das Personal auf Zeit muss dann spätestens nach dem 15. Monat der Überlassung ein Arbeitsentgelt erhalten, das mit dem tarifvertraglichen Entgelt der Einsatzbranche gleichwertig ist. Nach 6 Wochen hat eine stufenweise Annäherung an das Vergleichsentgelt zu erfolgen.

Ein Verstoß gegen Equal Pay kann mit Bußgeldern bis zu 500.000 Euro und erlaubnisrechtlichen Konsequenzen geahndet werden. Das Personal auf Zeit hat Anspruch auf Differenzzahlungen, die Lohnunterschiede zum gesetzlichen oder tariflichen Equal Pay ausgleichen.

Praktische Tipps

    • Bei Ausfall von Mitarbeitenden können diese durch eine Arbeitnehmerüberlassung zwar schnell ersetzt werden, der Aufwand bei der Einarbeitung muss jedoch beachtet werden. Da die Person i.d.R. von außerhalb kommt, muss diese eingewiesen und eingearbeitet werden. Dieser Zeitfaktor sollte einkalkuliert werden.

    • Bei erhöhtem Bearbeitungsaufwand bzw. steigender Arbeitsintensität (z.B. durch Infektionskettenverfolgung durch Gesundheitsämter oder hochfrequentierte Förderprogramme), kann durch die Arbeitnehmerüberlassung schnell und effektiv mit Fachpersonal reagiert werden. Zu beachten ist aber, dass nach Ende der Überlassungshöchstdauer der oder die Beschäftigte die Stelle verlassen muss. Wenn hier nicht adäquate Personalmaßnahmen getroffen werden und der Personalbedarf immer noch hoch ist, verliert die öffentliche Institution eine eingearbeitete Person und muss im Zweifel wieder neues Personal akquirieren.
     
    • Der Verleiher ist, aufgrund des Arbeitsverhältnisses, für die meisten Pflichten verantwortlich. Der Entleihende muss für die Sicherheit der Beschäftigten und für angemessene Arbeitsverhältnisse sorgen. Im Rahmen der eher kurzen Arbeitsphase durch die Arbeitnehmerüberlassung können sich diese Arbeitnehmenden oft nicht so schnell mit der öffentlichen Institution identifizieren. Das sollte durch eine fachlich einwandfreie Einweisung und ein „emotional-motivierendes Onboarding“ angegangen werden.
     
    • Bei der Arbeitnehmerüberlassung muss die öffentliche Institution keine aufwendige Personalsuche betreiben, da das verleihende Unternehmen Personen mit entsprechenden Qualifikationen vermittelt. Auch die Zeit um den Vertrag auszuhandeln wird gespart. Bei der Überlassung übernimmt das verleihende Unternehmen aber keine Verantwortung für die Qualität der geleisteten Arbeit vor Ort, sondern nur für die Qualifikationen des Personals auf Zeit. Auch hier sollten regelmäßige fachlich einwandfreie Unterweisungen und ein „emotional-motivierendes Onboarding“ beachtet werden.

Sprechen Sie uns gerne zum Thema Personal in der öffentlichen Verwaltung direkt an oder informieren Sie sich gerne in unserem Whitepaper Externes Personal in der öffentlichen Verwaltung.

 

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Bild von Stefan Komoß
Stefan Komoß Bürgermeister a.D. & Geschäftsführer von rego Dienste Alle Artikel des Autors

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