6 wichtige Fakten zur Wohngeldreform 2023
Die ersten Rettungspakete wurden von der Bundesregierung schon auf den Weg gebracht, um Bürger*innen mit den hohen Energiekosten zu entlasten. Nun soll ein ganzheitlicher Ansatz im Thema Wohngeld erfolgen. Im Rahmen der Energiekrise und den steigenden Energiekosten reagierte die Bundesregierung mit einer neuen Wohngeldreform. Dies ist die größte Reform in diesem Bereich seit 57 Jahren und soll den einkommensschwächeren Haushalten aushelfen und unterstützend wirken. Doch was verändert sich für Sie und Ihre Arbeit? Nachfolgend erläutern wir für Sie, welche Änderungen es in der Wohngeldreform gibt und welche einhergehenden Herausforderungen damit bestehen.
Unter dem Begriff Wohngeld versteht man eine Sozialleistung, die vom deutschen Wohlfahrtsstaat an seine Bürger*innen als Zuschuss zur Miete geleistet wird. Damit soll Menschen, die in eine finanzielle Schieflage geraten sind, unter die Arme gegriffen werden. Seit 1965 existiert eine entsprechende gesetzliche Regelung, die festlegt, wer Wohngeld beantragen darf und wieviel Unterstützung im jeweiligen Fall gewährt wird. Grundsätzlich ist jede*r Bürger*in, der*die Wohnraum mietet, und diesen selbst nutzt, wohngeldberechtigt. Allerdings werden bei der Berechnung von Wohngeld die Haushaltsgröße und das jeweilige Einkommen den Mietkosten gegenübergestellt. Nur wenn das eigene Einkommen unter der Bemessungsgrenze liegt, kann Wohngeld auf einen entsprechenden Antrag hin gewährt werden.
Reform 2023 - Das Wichtigste in Kürze
Der Bundesrat hat der Wohngeldreform mit Heizkostenkomponente und Klimazuschlag zugestimmt. Damit kann das sogenannte Wohngeld-Plus-Gesetz wie geplant am 1.1.2023 in Kraft treten. Ab dem 1.1.2023 sollen mehr Haushalte als bisher Wohngeld erhalten. Der staatliche Mietzuschuss soll außerdem um durchschnittlich 190 Euro pro Monat aufgestockt werden. Der Bundesrat hat am 25.11.2022 dem von den Ampel-Fraktionen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Wohngeldes (Wohngeld-Plus-Gesetz) in einer vom Ausschuss geänderten Fassung zugestimmt. Der Bundestag hatte die Wohngeldreform am 10.11.2022 beschlossen.
Die Änderungen sehen unter anderem die Einführung von Bagatellgrenzen im Falle von Rückforderungen sowie die Möglichkeit der Verlängerung des Bewilligungszeitraums von 18 auf 24 Monate vor. Die Effekte der neuen, dauerhaften Komponenten für Heizkosten und Klima sollen nach zwei Jahren evaluiert werden.
Die Wohngeldreform ist Teil der Entlastungspakete der aktuellen Bundesregierung. Mit der Wohngeldreform werden ab 2023 rund zwei Millionen Haushalte mit 4,5 Millionen Menschen zielgerichtet unterstützt. Bislang erhalten rund 600 000 Haushalte Wohngeld. 40 Prozent der Wohngeldempfänger*innen sind Familien, darunter viele Alleinerziehende. 48 Prozent sind Haushalte von Rentner*innen. Rund 1,4 Millionen Haushalte mit kleinen Einkommen bekommen durch die Reform erstmalig oder erneut einen Wohngeldanspruch. Etwa 380.000 Menschen sind künftig nicht mehr auf Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II angewiesen. Das Wohngeld wird ab 2023 um durchschnittlich 190 Euro pro Monat erhöht. Das ist doppelt so wie bisher. Es steigt von jetzt im Schnitt 180 Euro pro Monat auf 370 Euro pro Monat. Die Höhe des Wohngeldes berechnet sich nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder, der zu berücksichtigenden Miete des Wohnraums oder der Belastung bei selbstgenutztem Wohneigentum sowie dem Gesamteinkommen der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder.
Der WohngeldPlus-Rechner des Bundesbauministeriums hilft, um herauszufinden, ob ein Wohngeldanspruch bestehen könnte. Wohngeld muss beim örtlich zuständigen Wohngeldamt beantragt werden. Das Wohngeldamt prüft den Anspruch und legt die genaue Wohngeldhöhe fest. Damit die Ämter in Einzelfällen oder bei hoher Arbeitsbelastung das erhöhte Wohngeld zügig auszahlen können, sind vorläufige Zahlungen möglich.
Mit einer neuen dauerhaften Heizkostenkomponente im Wohngeld wird dafür gesorgt, dass die Menschen die steigenden Heizkosten bezahlen können. Außerdem wird eine Klimakomponente eingeführt, um steigende energetische Sanierungskosten in den Mieten abzudecken. Die Heizkosten- und Klima-Komponenten sind bewusst als Pauschalen konzipiert, um die Verwaltung zu vereinfachen und Anreize zum Energiesparen zu erhalten. Die Reform trägt zudem veränderten regionalen Mietniveaus Rechnung durch eine Neuzuordnung der Gemeinden und Kreise zu den Mietenstufen. Die Kosten der Wohngeldreform werden je zur Hälfte von Bund und Ländern getragen.
Der Bundesrat hat ebenfalls dem Gesetz zur fairen Aufteilung der CO2-Kosten fürs Heizen zugestimmt. Seit 2021 wird beim Heizen mit Öl oder Erdgas ein zusätzlicher CO2-Preis erhoben. Bisher mussten Mieter*innen diese Kosten allein tragen. Mit dem Gesetz werden Vermieter*innen stärker beteiligt – je nach energetischem Zustand des Mietshauses.
Mehr Wohngeld für mehr Haushalte
Das Wohngeld ist ein staatlicher Zuschuss zur Miete für Haushalte, die zwar keine Sozialleistungen beziehen, trotzdem aber wenig Geld haben. Im Schnitt sollen Wohngeld-Haushalte ab Januar 2023 monatlich rund 370 Euro erhalten. Außerdem wird der Kreis der Berechtigten deutlich ausgeweitet: Zu den bisher 600.000 Haushalten sollen bis zu 1,4 Millionen weitere dazukommen. Künftig sollen auch Menschen Wohngeld beantragen können, die Mindestlohn verdienen oder eine Rente in vergleichbarer Höhe haben.
Bund und Länder werden sich die Kosten für die Wohngeldreform teilen. Es bleibe dabei, dass die staatliche Hilfe für Geringverdiener*innen zur Hälfte von den Ländern finanziert werde, heißt es in einem Beschluss der Ministerpräsident*innen nach einem Treffen mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) am 2.11.2022. Eigentlich wollten die Bundesländer das Wohngeld finanziell nicht mehr mittragen.
Wohngeld-Plus: Die Komponenten Heizkosten und Klima
Das Wohngeld-Plus enthält nicht nur eine allgemeine Leistungsverbesserung, sondern auch eine dauerhafte Heizkostenkomponente. Sie führt im Schnitt in der Wohngeldberechnung zu 1,20 Euro pro Quadratmeter mehr Wohngeld. Die Fortschreibung zum 1.1.2025 soll im Rahmen der Wohngeld-Dynamisierung erfolgen.
Zudem soll es ab Januar 2023 ein Klimakomponente geben, die höhere Mieten durch energetische Sanierungen oder energieeffizienten Neubau pauschal abfedert. Vorgesehen ist ein Zuschlag auf die Miethöchstbeträge des Wohngeldes von 0,40 Euro pro Quadratmeter. Die Lösung sieht einen Pauschalansatz ohne Nachweiserfordernis in der Wohngeld-Administration vor.
Der Bundesrat hatte am 28. Oktober in einer Stellungnahme die Koalition aufgefordert, umfassende Vereinfachungen und einen erleichterten Nachweis im Wohngeldrecht umzusetzen – auch eine unbürokratische Vollzugslösung für pauschale Vorauszahlungen wurde angeregt.
Zweiter Heizkostenzuschuss zum Wohngeld und BAföG
Grünes Licht gab es bereits zuvor für die Auszahlung eines zweiten Heizkostenzuschusses für Empfänger*innen von Wohngeld, BAföG und Ausbildungsbeihilfe: Der Bundestag beschloss am 20. Oktober einstimmig den Gesetzentwurf zur Änderung des Heizkostenzuschussgesetzes und des Elften Buches Sozialgesetzbuch. Der Bundesrat billigte am 28.10.2022 die Änderungen. Das Gesetz kann damit einen Tag nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.
Wer bekommt den Heizkostenzuschuss?
Empfänger*innen von Wohngeld, die alleine wohnen, erhalten einmalig 415 Euro, für einen Zwei-Personen-Haushalt gibt es 540 Euro – und für jede weitere Person jeweils 100 Euro zusätzlich. An Studierende und Azubis, die Bafög oder andere staatliche Unterstützung zur Ausbildung erhalten, werden pauschal 345 Euro ausgezahlt.
Von der neuen und höheren Finanzspritze sollen alle Haushalte profitieren, die im Zeitraum vom 1.9.2022 bis 31.12.2022 in mindestens einem Monat wohngeldberechtigt sind. Im Frühjahr 2022 hatte der Bundestag einen ersten einmaligen Heizkostenzuschuss für Wohngeldbezieher*innen, Studierende und Auszubildende gewährt.
Insgesamt rechnet der Bund bei Einführung des zweiten Heizkostenzuschusses mit Mehrausgaben in Höhe von rund 551 Millionen Euro in den Jahren 2022 und 2023.
Der Heizkostenzuschuss: Teil des Koalitionsvertrags
Am 2.2.2022 brachte die Bundesregierung den ersten einmaligen Zuschuss zu den Heizkosten auf den Weg, nachdem seit Beginn des Krieges in der Ukraine die Energiepreise stark gestiegen waren. Der Bundestag beschloss den Gesetzentwurf aus dem Bauministerium am 17. März. Der Bundesrat stimmte am 8. April zu.
Wohngeldbezieher*innen, die alleine leben, erhielten einmalig 270 Euro – Zwei-Personen-Haushalte 350 Euro. Für jeden weitere*n Mitbewohner*in wurden 70 Euro überwiesen. Studierende, Auszubildende und andere Berechtigte erhielten pauschal 230 Euro. Das Geld wurde ohne Antrag direkt auf die Konten überwiesen. Der Bund bezifferte die Kosten für den ersten Heizkostenzuschuss auf rund 370 Millionen Euro.
Der Heizkostenzuschuss zur Klimakomponente (CO2-Komponente) und einem erhöhten Wohngeld ist im Ampel-Koalitionsvertrag festgeschrieben.
CO2-Komponente: Wohngeld erhöht sich seit 2022 dynamisch
Die automatische Anpassung des Wohngeldes trat Anfang 2022 in Kraft. Pro Haushalt erhöhte sich damit der Zuschuss im Rahmen der Wohngeldreform im Schnitt um 13 Euro. Damit Geringverdiener*innen durch den CO2-Preis auf fossile Brennstoffe wie Erdöl und Gas nicht extra belastet werden, gibt es bereits seit Januar 2021 die Wohngeld-CO2-Entlastungspauschale (CO2-Komponente) als Zuschlag zur Miete.
Die Wohngeldreform wurde noch in der vergangenen Legislatur beschlossen. Den Gesetzentwurf "zur Entlastung bei den Heizkosten im Wohngeld im Kontext der CO2-Bepreisung" nickte der alte Bundestag am 23.4.2020 ab. Der Bundesrat billigte die CO2-Komponente beim Wohngeld am 15.5.2020. Die erste Erhöhung des Wohngeldes gab es im Januar 2021. Seit 2022 wird das Wohngeld alle zwei Jahre dynamisch angepasst.
Mehraufwand für Kommunen
Schon jetzt sind die Wartezeiten auf das Wohngeld lang. Wenn das neue Wohngeldgesetz am 1. Januar 2023 in Kraft tritt, wird v.a. in Großstädten, wie bspw. München, und deren Bezirksämtern teils mit einer Verfünffachung der Anträge gerechnet. Es gibt Befürchtungen, dass Empfangsberechtigte künftig bis zu acht oder neun Monate auf das Geld warten müssen. In Berlin bspw. bekommen derzeit rund 25.000 Haushalte Wohngeld. Die Verwaltungsspitzen erwarten, dass sich die Zahl der künftigen Bezieher*innen verdreifacht. Antragsberechtigte müssen auch hier derzeit schon mehrere Wochen auf die Auszahlung warten, unterschiedlich nach Bezirken. Die deutschen Kommunen fürchten den Ansturm auf das Wohngeld - und dass sie die Erwartungen der Menschen enttäuschen. Denn ihnen fehlt vor allem eins dafür: das Personal. Eine Vervielfachung des Wohngeldanspruchs bedeutet natürlich, dass im gleichen Umfang so viele Mitarbeiter*innen benötigt werden, um schnell die Beantragung zu ermöglichen.
Neben Neueinstellungen kann auch Personal auf Zeit oder auch Digitalisierungstools zur Antragsvereinfachung und -beschleunigung probate Mittel sein, um dem drohenden Ansturm von Anträgen und Bearbeitung gerecht zu werden. Das Personal auf Zeit kann in administrativen Aufgaben das Stammpersonal unterstützen und somit punktuell die Arbeit übernehmen.